Liebe Bürgerinnen und Bürger,
als Sie am Samstag den 11.07.2020, die Pressemitteilung unseres Oberbürgermeisters lasen, die das endgültige aus für das Karstadtwarenhaus feststellte, waren Sie sicher genauso bestürzt wie ich. Längst ist das Sterben von Handelseinrichtungen in den Städten ein bundesweites Problem. Damit gefährden wir die Lebensqualität in unseren Städten. Der Deutsche Städtetag beklagt die Entwicklung schon seit einigen Jahren. Die Bundesregierung und die Landesregierungen schauen zu, wie der Internethandel aufgrund seiner niedrigen Kostenstruktur den Einzelhandel ruiniert. Obwohl der Internethandel mit dem durch ihn verursachten erhöhten Verkehrsaufkommen und den Unmengen an Verpackungsmüll unsere Umwelt belastet werden die Auswirkungen, z. B. durch das UBA, nicht untersucht und nicht mit entsprechenden Steuern gegengesteuert. Im Gegenteil dem Internethandel wird die derzeitige Mehrwertsteuersenkung ebenfalls erlaubt und durch den Steuerzahler ausgeglichen.
Aber zurück zu unserer Situation. Ich wollte die Schließung nicht als gegeben hinnehmen, ohne nicht alles versucht zu haben, Karstadt zu retten. Ich habe mich deshalb mit allen Fraktionsvorsitzenden abgestimmt und die Bürgermeisterin, Frau Nußbeck, gebeten noch einmal kurzfristig zu einer Sondersitzung mit den Fraktionsvorsitzenden und dem Karstadtbetriebsrat einzuladen. Der Betriebsrat führte dabei aus, dass der Umsatz gut ist und die vom Insolvenzverwalter angeführten schlechten Umsatzergebnissee pro Quadratmeter Verkaufsfläche sich dadurch ergeben, dass ehemals untervermietete Flächen (Handels und Büroflächen) Karstadt jetzt mit angelastet werden. Im Ergebnis unserer gemeinsamen Beratungen wird die Stadtverwaltung noch einmal das Gespräch mit dem Karstadtvorstand und gegebenenfalls auch mit dem Vermieter und dem Insolvenzverwalter suchen und dabei vor allem noch einmal auf die Entwicklungspotenziale, die hohe Kaufkraft und die möglichen Entwicklungen der Stadt eingehen. Ich habe vorgeschlagen, dass wir folgende Angebote machen sollten und hierzu auch beim Wirtschaftsminister des Landes, der Karstadt in der 30. Kalenderwoche besucht, Unterstützung einzufordern.
1.Die Wirtschaftsförderung unterstützt bei der Suche nach neuen Mietern für die nicht betriebsnotwendigen Flächen.
- Erforderlichenfalls denkt die Stadt über einen zeitlich begrenzten „Mietzuschuss“ nach, der z.B. durch befristete Anmietung von Flächen für Sondernutzungen (z.B. Ausstellungen) durch die Stadt oder z.B. auch die Landesregierung erfolgen könnte.
- Die Stadtverwaltung sollte Dessau-Roßlau als Einkaufszentrum der Region wieder stärker in das Bewusstsein der Bevölkerung der umliegenden Landkreise bringen indem
- sie, wie in Sachsen zum Teil schon praktiziert, kostenlose Einkaufsbusse zu bestimmten Wochentagen organisiert. Auch hier ist die Unterstützung der Landesregierung einzufordern.
- die Stadtmarketinggesellschaft in Zusammenarbeit mit der Händlerschaft verstärkt für einen Besuch der Stadt im Umland wirbt.
- die Innenstadt durch zusätzliche kleine Events, z.B. durch das Theater, Sportvereine, Karnevalsvereine, attraktiver gestaltet wird.
- die Stadtverwaltung das von den Weihnachtsmarktbetreibern entwickelte Konzept zur Steigerung der Attraktivität unseres Weihnachtsmarktes mit dem von allen Parteien befürworteten Zuschuss durch die Stadt unterstützt und damit die Stadt für 7 Wochen attraktiver für Besucher macht.
- darüber hinaus sollten wir uns wieder für mehr Sonntagsöffnungen einsetzen und die Landesregierung auffordern dazu umgehend eine Gesetzesinitiative zu veranlassen. Als ich unseren Ministerpräsidenten 2018 auf die Versagung der Sonntagsöffnungen zu Weihnachten ansprach und auf die Hürden die Verdi dafür aufbaut aufmerksam machte, versprach er sich der Sache anzunehmen. Aber auch 2019 war die Situation unverändert kompliziert und so wurde nur ein Tag genehmigt.
Liebe Bürgerinnen und Bürger,
Dessau-Roßlau ist auf einem guten Weg auch wenn uns vieles zu langsam geht. Daran müssen Politik und Verwaltung arbeiten. Ich hoffe, dass es uns gelingt Karstadt für die Stadt zu erhalten und so die erforderliche Zeit für eine positive Entwicklung zu gewinnen.
Wir sollten beschlossene Konzepte zur Stadtentwicklung schneller umsetzen und sie den neuen Entwicklungen zügig anpassen. Aber auch Karstadt und die anderen Händler sind gefragt, wenn es um neue Ideen und attraktive Warenangebote geht.
Die Fraktion Pro Dessau-Roßlau wünscht Ihnen einen erholsamen und coronafreien Urlaub.
Hans-Georg Otto
Stadtrat